Location
Schon das Anlegen verleiht zu einem Lächeln. Zwei Häuser mit Hüttencharakter, bunte Wimpel im Wind und zwei Hunde begrüßen uns. Das Team hat gerade den ersten Tag hinter sich und Feierabend, Zeit zum Relaxen. Erst mal ankommen. Wir versinken mit einem Bier in den Sitzkissen der Palettenmöbel und schauen der Sonne beim Untergehen zu. Ruhig ist es hier. Nur die Geräusche der Natur und das Plätschern des Sees ist zu hören. „Hier gibt es nur das. Alles andere ist da draußen“, sagt Andi mit entsprechender Handbewegung. Andi ist eins von fünf Teammitgliedern, das aus Gastronomen, Fotografen und Illustratoren besteht. Für einen Sommer und das Gastroprojekt haben sie sich zusammengefunden. Mit Hang zum Abenteuer und Talent zum Tischlern. Die letzten Wochen wurde gewerkelt, gehämmert und gebaut, damit es Pfingsten losgehen kann. Der Moorbauer, eine alte Institution lag Jahre lang brach. Damit ist jetzt Schluss.
Freunde mit Kindern aus Hamburg sind da. Die wollen nur eins: mithelfen. Die sind plietsch, von Kellnern bis Brautshootings können sie alles. Als wir später gemeinsam am Lagerfeuer sitzen, wird bereits geplant. „Das wäre doch der Hammer, wenn große Ballons am Schleier …“, erklären sie uns beim Abendessen. Das ist so köstlich wie Simple. Kartoffeln mit Lachsstreifen und cremigen Kräuterquark. Die Sorte cremig, die man selbst immer versucht hinzubekommen, es aber nie ganz schafft. Ich ordere das Rezept und tunke die Kartoffel ein. Wir sitzen noch eine Weile zusammen, starren abwechselnd ins knisternde Feuer und den sternenklaren Himmel. „Raus aufs Land war die beste Entscheidung (…) Am Ende will ich bloß kochen und Kartoffelsalat machen“, erzählt Lutz, der zuletzt die COOK UP culinary gallery mit wechselnden Popup Restaurants betrieb. Als es später durchs Haus hallt: „Gute Nacht Andi“, „Gute Nacht Lutz“ und ich in Gedanken „Gute Nacht John Boy“ antworte, ahne ich, was er meint.
Natur und Boote
03.00 Uhr nachts, das erste Mal wach. Lutz werkelt in der Küche – und macht Kartoffelsalat. Ich lache und lege mich wieder hin. Um 07.00 Uhr sind bereits alle auf den Beinen und springen samt Hunde in den See. Kaum in Worte zu fassen, die frühmorgendliche Stimmung zwischen Vogelgezwitscher, sanftem Wellengang und Blätterrauschen. Holzsteg, Boote und satte Farben zur ersten Tasse Kaffee. Natur pur und ein Touch Wildnis, die ein Moor mit sich bringt. Ich steche mit Fremdenführer Andi, Jagdhund Rocco und Boxer Rainer in See. Wir fahren raus zum Kummerower See, einer der größten Deutschlands. Wir schippern durch den Peenekanal, links von uns kleine Ärmelchen. „Irgendwann biege ich da mal ab, gucke, was da ist“, freut sich Andi. Auf dem Rückweg entdeckt er dort zwischen dichtem Schilf und Baumstamm einen Seeadler, ich leider nicht. Auch kein Bieber in Sicht, in dessen Revier wir uns grad bewegen. Dem Adler begegne ich später am Nachmittag, als ich mit Rocco über den Deich hinterm Haus jage. Nur Wiesen, Felder und wir – sonst nichts.
Zurück am Moorbauer brennt seit Stunden die Hütte. Das Opening hat sich rumgesprochen, viele Besucher kennen die Location von früher, erzählen alte Geschichten. Moorbauer Besitzer Lars und Mi kommen aus der Gegend, singen Opern und betreiben eine Gutshaus Pension. Immer mehr Gäste legen mit den hauseigenen Tretboot-Schwänen an. Das birgt durchaus auch lustige Szenen. Ein Paar ist überfordert am Stück herauszukommen. Erst will das Festmachen nicht so recht gelingen, dann fehlt der Mut zum beherzten Sprung an Land. Am Ende liegt ein Teil lachend am Boden, bemüht mit Hilfe des Gatten wieder auf die Beine zukommen. Gackernd packen alle mit an, Rocco, der eben noch mit mir im Liegestuhl lag, weiß auch nicht so recht, was er tun soll.
Foodkonzept
Nach diesem Kraftakt braucht es eine Stärkung. Das Gastrokonzept: Klassiker der deutschen Küche, natürliche Zutaten, hausgemacht. Der Fisch soll zukünftig vom Fischer um die Ecke kommen. Heute gibt es Matjes zu Pellkartoffeln und Hausfrauensoße, Gemüsequiche an Salat und Bratwurst. Letztere kommt frisch und üppig vom Rost mit schwäbischem Kartoffelsalat daher. „Der 03.00 Uhr Salat“, lacht Lutz, als ich beides lobe. Dicht auf den Fersen, Theresas Backkunst. Immer noch hungrig – ich schiebe es auf die gute Landluft – wartet frisch gebackener Kuchen aus Erdbeeren, Rhabarber und Käse. Schokolade auf Halde, Kaffee im Anschlag. Den saftigen Rüblikuchen mit Pistazien-Frischkäsecreme obenauf kenne ich noch aus Hamburg. Welch schönes Wiedersehen, mussten wir uns doch trennen, als die Beziehung zu innig wurde. Die kleine Karte wechselt regelmäßig, aber grundsätzlich gilt: „Wir verkaufen diese erst einmal aus, dann kommt eine Neue“, so Lutz.
Am frühen Abend ist es soweit. Von allen Seiten überrannt und begeistert angenommen ist der Moorbauer als Popup Restaurant zurück – und ausverkauft.
Fakten
Der Moorbauer
17139 Kummerow
Anreise per Zug / Auto über Güstrow und Malchin
Übernachten bei Mi Spirandelli oder Camping auf dem Hof
Alle Fotos: Tommy Hetzel
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