Aufwachen in der Villa Bleichröder
Leicht verschlafen öffne ich die Gardinen, kordle sie rechts und links fest und öffne die Flügeltüren zum französischen Balkon. Diesen Anblick muss man erst einmal verkraften. Am besten mit einer Tasse Kaffee, für die ich kurz ein Stockwerk tiefer in den Salon der Villa Bleichröder gehe, wo dieser durchgehend bereit steht. Ich werde hier noch oft zu Gast sein. Mit meiner Tasse kehre ich zurück zum majestätischen Ausblick in meinem Zimmer, blinzle in die Morgensonne und tue ansonsten nichts. Denn vor mir erstreckt sich der hauseigene Park, dahinter spazieren die ersten Urlauber von rechts und links unter den Kiefern hindurch, das zu beobachten, hat ein bisschen was von Tennis.
Frühstücken wie Gott in Frankreich
Direkt unter mir wird die Terrasse fürs Frühstück vorbereitet. Große, weiße Schirme schützen vor der Sonne und davor, dass die Butter sofort zerfließt. Wobei sie das auf Toast gerne darf, der mit Erdbeermarmelade Urlaubsgefühle einläutet. Ich habe dann immer den damaligen TV-Werbespot vor Augen: Goldenes Licht am Morgen, glückliche Gesichter beißen in goldbraune Brotscheiben. Auch die kleinen Wespen sind Fan, benehmen sich aber, denn regionale Auswahl gibt es genug: Frische Eierspeisen nach Wunsch, selbst gemachte Salate und Kräuterquark zu ofenfrischem Vollkornbrot. Besagten Toast oder gesundes Müsli mit Obst und Joghurt. Ganz ehrlich? Ich lasse mir Zeit, um all das und diesen Platz zwischen Lavendelsträuchern und französischen Bistrostühlen ja nicht unnötig früh zu verlassen.
Das Haus
Das herrschaftliche Haus, in dem ich zu Gast bin hat wie viele Villen hier eine Geschichte. Heringsdorf galt damals als „Vorort von Berlin“, als das „Nizza der Ostsee“ für wohlhabende Berliner, die hier ihre Ferienresidenz hatten. So auch Hans von Bleichröder, ein Bankier, der die neobarocke Villa 1908 bauen ließ. Frisch übernommen hat diese nun Barbara Jaeschke und aus ihr ein „modernes Boutique Hotel mit Charme des Alten“ gemacht. Nicht ganz unschuldig daran ist Tochter Verena, die das Hotel nicht nur leitet, sondern sich auch der Inneneinrichtung aus Alt und Neu verschrieben hat. Zum Familienunternehmen gehört auch die große Schwester, das historische „Hotel Oderberger“ in Berlin.
Auspowern und Entspannen
Irgendwann ist auch der letzte Toast verspeist, die Krümel übernehmen die Spatzen. Ich steige aufs Rad und fahre den Feininger Radweg nach Bansin, ca. 5 km entfernt mit naturbelassenem Strand, Steilküste und hügeliger Waldstrecke. Das nächste Mal nehme ich ein Mountainbike. Schweißgebadet trete ich das City- aber wenig bergtaugliche Bike die Steigung hoch, bis sich rechts von mir die Steilküste auftut und die Ostsee, viele Meter weiter unten, wie die raue Nordsee daherkommt: Große Wellen brechen am Ufer, heute sind sie mehr grau als blau. Menschen sitzen windgeschützt in Strandmuscheln oder stürzen sich in die Fluten. Im Wald hängen dichte Nebelschwaden und unten in der Schlucht hoffe ich, irgendwo ein wildes Tier zu entdecken.
Ich kehre ohne Wolfsichtung zur Villa zurück, springe unter die Dusche mit weißgoldenen Armaturen (gibt es dafür einen Merch-Stand?) und freue mich auf Tee und Zeitung im Salon. Die Brownies dazu schmecken übrigens auch auf der sonnengelben Liege auf der Vorderseite des Hauses sehr gut. Abends tauche ich im Swimmingpool ab, lockere meine Muskeln von der Bergetappe, bevor ich wohlig schlummernd im Bett versinke.
Fakten
Villa Bleichröder – Boutique Hotel Usedom
Delbrückstraße 14
17242 Seebad Heringsdorf
Specials: In der Nebensaison kann man die Villa ganz für sich und besondere Events mieten
Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Villa Bleichröder/Credits: Martin Nicholas Kunz
