Im schönen Gebäude angekommen, erstreckt sich vor uns eine imposante Tafel durch den gesamten Saal. Das Licht der bald untergehenden Sonne scheint durch bodentiefe Fensterfronten, kurze Zeit später färbt sich hier alles blau-rot. Nach und nach trudeln die Gäste ein, halten den ersten Schnack. Onur, einer der Kitchen Guerilla Brüder werkelt am Herd, während Bruder Koral in den letzten Zügen der Vorbereitung durch den Saal saust und ruft: „Noch darf niemand rein, nicht mal meine Mutter!“, bevor er uns lachend begrüßt. So locker herzlich der Empfang, so die gesamte Stimmung. Das erste IPA wird geköpft, alle finden ihre Plätze. Wir rutschen etwas zusammen, gemütlich können wir.
Mezze heißt Teilen
Unzählige Mezze und Yeni Raki erwarten uns. Letzterer immer mit Wasser und Eiswürfel im Gepäck. Alles was auf dem Tisch landet, ist zum Teilen. So das Gesetz dieser Esskultur, die Gastgeber Koral und Boo in kleiner Ansprache demonstrieren. Und das Glas erheben: „Şerefe!“ zum Ersten. Der Startschuss für die Mezze. Topinambur Confit, Karotte, Dill und Mandarine machen den Anfang. Dicht auf den Fersen: Gegrillte Austernpilze, mit geräuchertem Joghurt. Abgefahren, die Rauchnote! Auberginen-Paprika Kizartma mit Tomatensoße und Quark erinnert an Lasagne und hat uns somit. Überraschend der gebackene Schweinebauch. Nicht grad das, was sich Klassiker der türkischen Küche schimpft. Wir aber sind bei Kitchen Guerilla zu Gast, Fusionsküche ist ihr Metier. In jedem Fall sind kross-speckiger Bauch und würzige Muhammara-Paste ein feines Paar, vielleicht das Paar des Abends. Mal abwarten. Der kleine Börek punktet mit dreierlei Käse und Jalapenos, die Leber pankofrittiert.
Raki – niemals allein
Da schallt es auch schon wieder: „Şerefe!“, Rakis schießen in die Luft. Alle fünf Minuten geht das jetzt so. Die Laune steigt, die erste Lehre in Sachen Yeni Raki richtig einschenken, gab es ja bereits. Anisschnaps first, Wasser, erst dann fallen die Eiswürfel. Bevor die Diskussion über die gängige Reihenfolge von Eis hitzig wird, schnell ein Raki: „Şerefe!“ Ein geselliges Getränk, welches man niemals allein trinkt. Musik und Freunde gehören stets dazu. Die Reihe wippt und schnippst längst zum Bosporus Sound, weiter vorn wird schon getanzt. „Unrush your World„, sagt Yeni Raki immer. Und wieder: „Şerefe!“ Hui. Zeit, mal kurz Luft zu schnappen.
Blumiges Ende
Wieder zurück am Platz wartet ein Päckchen aus Pergamentpapier. Der Fang des Tages schmiegt sich um Kartoffel, Paprika und Salsa Verde. Butterzart zerfällt der Fisch auf der Gabel, pur schmecken er und Begleitung. Bereits irre satt, lassen wir schweren Herzens einen kleinen Teil zurück. Wohlwissend, dass Birne mit Geranieneis noch kommt. Wie blumig das schmeckt! Den krönenden Abschluss vernichten wir dann doch noch. Reine Übungssache.
Alle Fotos von Kazim Gunyar / Kazims Instagram
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von Yeni Raki.