Moin Ivo. Warum Hamburg und nicht … ?
Hamburg hatte ich nicht aus gastronomischer Sicht ausgesucht, ich hatte vorher in Freiburg im Breisgau Grafikdesign studiert und wollte mich ursprünglich in Hamburg an der Hfbk bewerben, da ich künstlerisch keine Kompromisse mehr machen wollte. Mein damaliger Nebenjob, Cocktails an der Bar zu mixen, wurde dann ziemlich schnell mein Hauptjob. Ich bin Ende 2006 nach Hamburg gekommen und habe dann Anfang 2007 als Geschäftsführer in der BernsteinBar gearbeitet. 2008 konnte ich den Laden dann übernehmen (aber das ist eine andere Geschichte). Genau 10 Jahre nach der Selbstständigkeit mit der BernsteinBar, ist dann erst nach einigen anderen Versuchen das Projekt mit dem Wohlers aufgegangen.
Wie kam es denn zu der Übernahme vom Wohlers?
Aus zweierlei Gründen. Zum einen war mal wieder der Mietvertrag der Bernsteinbar nicht klar, die ich seit 2008 als Inhaber betreibe. Während dieser Zeit wurde ich aus dem Umfeld des Wohlers angesprochen. Es gab fünf, sechs Mitbewerber und ich wurde dann zum Glück ausgewählt, weil es auch darum ging, wer am besten auf die Ecke passt. Da konnte ich mit meinem Engagement für das Straßenfest, sozial politischen Themen, sowie der Hilfe, das Studio Kino nicht abzureißen, ganz gut was vorweisen.
Wie Du sagst, gehört Dir auch die BernsteinBar. Drinks und Essen sind also Dein Steckenpferd. Bist Du ein Genussmensch?
Bestimmt, auch. Am Anfang ging es mir nur um Getränke (lacht). Vor zwei, drei Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, mal ein Restaurant zumachen. Das war relativ weit weg, von dem was ich vorher gastronomisch gemacht habe. Da ging es eher um Musik und Drinks und darum, was passiert, wenn die Sonne untergeht. Das hier war aber von vornherein als Restaurant geplant. Vorher war es ’ne Eckkneipe mit einfacher Küche. Das hat uns schon einiges abverlangt, Restaurant Niveau reinzubringen – auf ner 8qm Küche (grinst).
Außerdem organisierst Du das Bernstorffstraßenfest mit.
Genau, seit über 10 Jahren bin ich für das Bühnenprogramm zuständig. Es gab früher in der Bernsteinbar viel Livemusik, dadurch sind Kontakte entstanden. Ich habe das immer aus dem Leben heraus gestaltet, was auf der Bühne passiert. Vom Line-up her, ist das also eins der besten Straßenfeste (lacht). Am 25.08. ist es wieder so weit.
Zwischendurch muss Ivo immer mal kurz aushelfen, der Rohrschneider wird gesucht. Aktuell ist hier Baustellenalarm, was der schönen Ecke, in der wir uns befinden, zum Glück nicht allzu sehr schadet. Direkt neben dem Wohlers Park unter einer großen Kastanie mit Lichteinfall. Als Schnittstelle zwischen Schanze und Altona, Arbeit und Heimweg. Spätestens auf diesem möchte man hier an- und innehalten.
so eine Lage ist für mich total interessant (…) es gibt andere Themen mit den Nachbarn, hat hier ’ne andere Gemeinschaft, ein anderes soziales Gefüge, als an so ’nem Hotspot, wo alle hinrennen (…) wenn man die Möglichkeit hat, die Stadtentwicklung mitzugestalten, dann ist es auch ein bisschen Auftrag, das zu tun, um Raum zu besetzen. Auch wenn man denkt: „Okay, ich kann mir vielleicht die Finger verbrennen, aber sonst ist hier die nächste Backfactory drin.“
Gibt es Neuigkeiten zu der Hinterhof Initiative Viva la Bernie hier im Viertel?
Da wird evtl. ein Kompromiss verhandelt, der aber praktisch gar nicht darstellbar ist. Insofern, dass nur eine Teilbebauung stattfinden soll. Das sieht gerade nicht wirklich gut aus. Das Gemeine an der Sache war, dass die Leute vom Hof immer gesagt haben, sobald es mal zum Verkauf stünde, würden sie zumindest mitbieten wollen. Letztes Jahr, kurz vorm Straßenfest hatten alle Post im Briefkasten: „Verkauft“. Ist ein komplexes und größeres Thema (…) wenn es eine Hinterhof Initiative schaffen kann, dann die – aber es wird ein harter Kampf.
Bernstorff117 – hier haben Rocko Schamoni, Grafikkünstler Typeholics und Handwerksbetriebe ihre Ateliers und Werkstätten. Vor kurzem fand hier das 2. Hoffest statt. „Ziemlich amtlich. 3000 Leute.“ Unter anderem lieferten Fettes Brot und Fatih Akin Videosupport für die Initiative.
Fatih Akin unterstützt VIVA LA BERNIE und äußert sich zu dem Verkauf unseres Hinterhofs. Danke, Abi.#vivalabernie
Gepostet von Bernstorff 117 am Montag, 16. April 2018
Zurück zum Essen. Eure Karte ist ein Mix quer durch Deutschland von Süd bis Nord. Weil das Team aus allen Ecken kommt?
Ich habe einen süddeutschen Bezug. Ich bin quasi von Norddeutschen Eltern im Allgäu geboren worden (lacht). Bis ich 18 Jahre war, bin ich dort zur Schule gegangen. Habe die Sprache aber zum Glück nicht angenommen, schön geht anders (lacht). Mein Bruder ist übrigens da geblieben, Winzer geworden und macht Bio Weine. Von denen haben wir drei auf der Karte. Allgäuer Käs Spatzen und Bier waren Pflichtprogramm auf der Karte. Ich denke, wir haben einen ganz guten Bogen gespannt, von Jever über Allgäuer Büble, Helles, IPA, Guiness und DAB, was man hier wenig bekommt. Die deutsche Küche hat einfach viel zu bieten. Da werden wir uns demnächst bestimmte Regionen vornehmen, Hessen z.B. und uns richtig dran abarbeiten. Die Tür Richtung Frankreich und Österreich haben wir offen gelassen, damit kann man schöne Sachen machen. Kleine Karte, kleine Küche – dafür eine gesunde Auswahl in frisch und gut.
Apropos Spätzle. Da scheiden sich die Geister, einer kann´s immer besser als der andere. Warum ist das so?
Es kommt sicher ein Stück weit daher, das Spätzle in Süddeutschland relativ weit verbreitet sind. Wenn man sich allein das Allgäu und den Käse dort anguckt, bemerkt man, dass in jedem Tal anders gekocht wird und die Produkte woanders herkommen. Die schwäbischen Spätzle wiederum haben nichts mit Allgäuer Knöpfle zu tun. Das ist ein anderer Teig, es gibt zig unterschiedliche. Je nachdem, wer wo verortet ist, ist das die Messlatte, an der jeder anfängt zu messen. Jede Oma hat ihr Hausrezept, manche ’ne eigene Mehlmischung oder Käse. Wir hatten schon ganze „Spätzle Gruppen“ hier, die durch die Stadt getingelt sind und sich durchgetestet haben – da haben wir bisher ganz gut abgeschnitten. Spätzle sind ein subjektives Thema (lacht).
Was gibt es bei Euch zum Lunch?
Unterschiedliches, von Tafelspitz über Lachs und Salat, mal ein Gulasch. Wir machen einen kleinen Mittagstisch. Frisch, täglich nahezu wechselnd mit drei bis vier Gerichten. Im Regelfall haben wir auch ein veganes Gericht dabei. Fisch ist natürlich das, was gerade am Haken hängt und wird mit dem variiert, worauf die Köche Lust haben und Saison hat. Wir sind da zum Glück sehr flexibel, sodass wir Teile der Abendkarte täglich neu schreiben. Lieber Frisches nutzen, als Massen auf Halde haben.
Zur WM habt Ihr ein ordentliches BBQ aufgefahren. Kommen wir auch weiterhin in den Genuss solcher Specials?
Generell bestimmt. Vielleicht schon parallel zum Bernstorffstraßenfest im August, wenn hier richtig Leute auf der Ecke sind und wir schon am Nachmittag anfangen können. Ein großes BBQ mit 8 verschiedenen selbst gemachten Soßen soll sich ja für alle lohnen (lacht).
Wo gehst Du gerne essen und warum ausgerechnet da?
Ich gehe gerne ins Nil, Kuchnia, Teufels Küche. Momo Ramen und Carmagnole finde ich auch sehr gut. Im Nil mag ich Service und Essen sehr gerne, schön, wenn die Karotten auch nach solchen schmecken. Die Weinauswahl ist klasse! Bei der Kuchnia mag ich die kuschelige Atmosphäre und Piroggen sowieso. Wodka ist auch lecker!
Und was isst Du derzeit am liebsten?
Ich erfreue mich immer sehr an frischem Fisch. Es macht total Spaß den zu kaufen, wenn man einen Bezug zum Händler hat und anfängt zu verstehen, wie alles funktioniert. Wir kaufen unseren bei Mattfeld. Die haben eine überschaubare Fischabteilung, superfrisch, super Qualität. Steinbeißer feiere ich total (…) der wird mit der Angel gefangen, statt mit dem Schleppnetz.
Den nehmen wir. Außerdem das Wiener Schnitzel vom Kalb mit Preiselbeeren und das Duroc Schwein mit Drillingen auf grünen Bohnen und Speck. Gleich der erste Bissen vom Fisch mit Kartoffel-Mousse weckt Kindheitserinnerungen, das Schnitzel ist butterzart und der Rest macht nicht weniger glücklich und zufrieden.
Du machst die besten … ?
Wir machen die besten Spätzle, wobei (…) (siehe oben 🙂 In den R-Monaten (Herbst/Winter) machen wir auf jeden Fall die besten geschmorten Ochsenbäckchen!
Bier oder Whiskey?
Am liebsten ein frischgezapftes, helles Allgäuer Bier aus dem 0,5 L Humpen!
Fleisch oder Gemüse?
Fleisch, Gemüse ist als Beilage gut.
Irgendwann ist auch ma´ gut. Wie und wo fährst Du Dich in Hamburg runter?
Am liebsten am Wasser bei Sonne, wenns geht nicht da, wo alle anderen abhängen. Ein leichtes plätschern um die Füße ist großartig. Elbe geht ganz gut.
Fakten
Wohlers Hamburg
Thadenstrasse 148
22767 Hamburg