Location und Atmosphäre
Die Gute Botschaft Hamburg wirkt einladend, großzügig. Kuschelige Decken liegen über hellen Holzstühlen, gemütliche Sitzecken sorgen für Rückzug. Dezente Beleuchtung, gekonnter Stil- und Farbmix. Der massive Küchenblock mitten im Raum – Herd, Anrichte und Tisch zugleich. Ein Wunder aus Stahl, mit Blick in die offene Küche. Die Stimmung hier, entspannt. Zugeknöpft ist ein Fremdwort. „Jeder soll so sein können, wie er ist. Nicht denken, dass er irgendetwas nicht darf“, erzählt uns Restaurantleiter Christoph lachend und spielt auf die Stäbchen zum Essen an. Kein Muss. Es gibt auch Besteck, manches Gericht wird in die Hand genommen. Besser ist, kennen wir doch alle die legendäre Schneckenszene aus „Pretty Woman“. Lange in der Sternegastronomie unterwegs, genießt Christoph nun das offene Miteinander mit dem Gast. Zu Recht, es fühlt sich an wie zu Besuch bei Freunden, anonym ist hier nichts.
Konzept
Die Gute Botschaft vereint zwei Konzepte. Hanseatische Klassiker und japanische Leichtigkeit. Zur Mittagszeit treffen üppiger Salatgarten und Klassiker aufeinander. Cremiges Kartoffelpüree mit wachsweichem Ei und Spinat in Bestform. Als Nordlicht schießen einem sogleich Bilder aus der Kindheit durch den Kopf, dieser Geschmack! Wen wundert´s? Ist Mälzer doch großer Verfechter von Erinnerungen, die durch Geschmäcker entstehen. Abends dann der gekonnte Twist. Regionale Produkte werden mit asiatischer Kochkunst kombiniert. Raw, ohne die üblichen Sättigungsbeilagen. Dass wir später dennoch mehr als satt und zufrieden sind, ist dem „Omakase“ Menü geschuldet. Fünf Gänge, die Ihres Gleichen suchen. An denen sich Crew und Küchenchef Alex austoben und ausprobieren. Immer neu, immer eine Überraschung.
Omakase Menü und Ike Jime
Wir starten mit Tsukemono, fermentiertem Rettich und Karotte. Geraspelt geht gut mit Stäbchen. Bossam mit Lachstatar, Koriander und Knoblauch, ein gefaltetes Salatblatt mit Füllung passt besser in die Hand. Alles andere wäre Kunst. Trinken tun wir Vodka mit Earl Grey Tee. Sowas gibt es, ja. Eine lokale Mischung, mit Potenzial zum Favoriten. Sehr frisch, nicht zu stark. Stark müssen wir beim nächsten Gang sein: Innereien. Gegrillte Entenherzen mit Kardamom und Teriyaki-Sauce. Während ein Teil von uns gespannt ist, verspannt der andere eher. Kopfkino. Die Konsistenz des Fleisches ähnelt der Leber oder Nierchen, wie man sie zugegeben als Kind zuletzt gegessen hat. Dank Teamarbeit und unterschiedlicher Vorlieben bleibt nichts übrig. Punkt an Entenherz.
Hardcore Food
Weiter geht es mit Fisch. Der für uns beste Gang, wie wir später reflektieren. Ein butterzarter Saibling in Beurre Blanc. Auch „Ike Jime“ Saibling mit Haut und Petersilienemulsion genannt. Wo sollen wir anfangen? Vielleicht beim Fang. Der Fisch lässt nach Ike Jime Art sein Leben. Einer speziellen und respektvollen Tötungsweise, die Torsten Pistol, genannt „Pistole“ als „Pistole Hardcore-Food“anwendet. Das ist mal ein Name. Absolut zart, weil stressfrei dahin geschieden, wird der Fisch nur von der Temperatur geküsst und unter Folie gar gezogen. Und hinterlässt uns sprachlos. Küchenchef Alex beobachtet uns heimlich, lacht laut auf, als er uns „Wow“ von den Lippen abliest. Die dazu weit aufgerissenen Augen sprechen für sich.
Süßes Ende
Wird einfach nicht schlechter. Ume glasiertes Short-Rib. Sehr saftig, mit einer guten Portion Fett. Muss man mögen, gehört aber so. Anschließend liegt ein Iberico-Schwein rosé in Paprikapüree. Oben auf in Tempura gebackener Enoki. Sofort aufhören! Schon wohlig aus der Wäsche guckend und ziemlich gut drauf dank Vodkatee, fragen wir uns: Kann es noch schöner werden? Es kann. Alex bringt Crème Brûlée mit roten Bohnen, Gewürzeis und Miso. Rote Bohnen? Von denen schmecken wir nichts, dafür: Pure Harmonie – würzig, cremig, süß. Das Eis ahmt Chai Latte nach, die Brûlée ist die Brûlée und die vanillefarbene Miso Creme hätten wir nie als solche erkannt. Wer hier den japanischen Suppenklassiker auf der Zunge hat, liegt falsch. Wie die das machen? Wir wissen es nicht, wir lecken die Schüssel aus.
„Omakase ist eine japanische Tradition und heißt frei übersetzt „Vertraue dem Koch und lass ihn entscheiden, was er für dich zubereitet“. Selten haben wir das lieber getan und es keine Sekunde bereut. Im Gegenteil, wenn wir könnten, würden wir das jede Woche wiederholen.
Fakten
Die Gute Botschaft Hamburg
Alsterufer 3
20354 Hamburg